Das erste Mal auf’s Turnier – Tipps für den Abreiteplatz

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Albtraum Abreiteplatz? Für all diejenigen, die nur ab und an ein Turnier nennen, ist ein Turnierstart eine aufregende Sache! Dressurausbilderin Dr. Britta Schöffmann gibt Tipps, damit der Turnierstart nicht bereits am Abreiteplatz scheitert. Die erfahrene Ausbilderin teilt in diesem Artikel ihre eigenen Erfahrungen und Ratschläge, damit dein Turnier-Auftritt die besten Voraussetzungen hat.

Portraitfoto Britta Schöffmann
Sei mindestens eine Stunde vor dem Abreiten beim Turnier.

Losfahren zum ersten Turnier

Das gelungene Abreiten beginnt schon mit dem pünktlichen Abfahren zum Turnier. Du solltest nicht nur die Wegstrecke mit Zeitpuffer einplanen, sondern auch genug Zeit, um Dich auf dem Turnier mit den Örtlichkeiten vertraut zu machen. „Mindestens eine Stunde vor dem Abreiten vor Ort sein, ist günstig“, empfiehlt Dr. Britta Schöffmann ihren Schülern beispielsweise. „Es kann immer Ausfälle geben, es kann sein, dass es vor Ort weite Wege zwischen Anhängerplatz, Abreiteplatz und Prüfungsviereck gibt. Wird man davon überrascht, dann geht das Chaos schon los und entspanntes Abreiten wird schwierig!“

Vor dem Turnier gehört die Vorbereitung wie das Hängerfahren dazu
Dr. Britta Schöffmann rät, im Zweifel immer mehr Zeit für das Abreiten einzuplanen.

Wie Du Deine Abreitezeit planst

Ein bisschen Rechnen gehört dazu: Die Startzeit der Prüfung ist das eine, wie viele Reiter vor einem selbst dran sind, das andere. Für ein unerfahrenes Pferd brauche ich mehr Zeit für das Abreiten als für einen gelassenen Routinier. „Im Zweifel mehr Zeit einplanen!“, rät die Dressurausbilderin. „Merke ich, mein Pferd ist doch ganz entspannt, dann reite ich eben 30 Minuten Schritt und beginne später mit dem eigentlichen Abreiten. Das ist besser, als wenn ich spät loslege und nicht darauf gefasst bin, dass ausgerechnet jetzt mein Pferd heiß ist ohne Ende.“ Grundsätzlich solltest Du so viel Zeit für das konzentrierte Abreiten einplanen, wie Du auch daheim brauchst, bis das Pferd losgelassen ist. Plus eben die Zeit für Evantualitäten oder Aufregung.

Die Meldestelle ist Dein erster Anlaufpunkt

Na klar schaust du nach der Ankunft auf dem Turnierplatz zuerst in den Hänger, ob beim Pferd alles okay ist. Danach führt der erste Weg zur Meldestelle. Du erkundigst Dich, ob es Änderungen oder zeitliche Verschiebungen gibt und vergewisserst dich, wie deine Startzeit lautet beziehungsweise, wieviele Abteilungen oder Starter vor dir dran sind. Danach schaust du dir die Gegebenheiten an: Wo ist der Prüfungsplatz? Wo ist der Abreiteplatz? Wo sind die Wege, die du mit deinem Pferd nutzen kannst?

Vorbereitung vor der Prüfung

Du reitest Dein Pferd auf dem Abreiteplatz genau so, wie Du es auch daheim machst. „Bloß nicht das normale Lösen weglassen!“ sagt Britta Schöffmann. Stattdessen „versuchen, auf dem Abreiteplatz den gleichen Arbeitsaufbau einzuhalten wie zu Hause.“

Was Du vor der Prüfung nicht tun solltest

Du kannst alle Lektionen, die in der Prüfung vorkommen, mal durchreiten.  Vorrausgesetzt, das geht von den Platzverhältnissen her. Jetzt kommt das Aber: „Bitte nicht an einzelnen Lektionen festbeißen!“, sagt Britta Schöffmann. „Wenn etwas nicht klappt, kann man das noch einmal reiten. Wird es nicht besser, dann etwas anderes reiten!“ Wer zum Beispiel eine Vorhandwendung oder das Rückwärtsrichten auf dem Abreiteplatz verhaut, sollte es dennoch nicht nochmal und nochmal dort üben! „Es wird auf dem Abreiteplatz nur schlechter! Bloß nicht mit dem Pferd vor der Prüfung streiten! Ich empfehle hier eher den Mut zur Lücke.“

Wenn der Abreiteplatz voll ist, sollte man nicht auf Biegen und Brechen sein Ding durchziehen
Ist der Abreiteplatz zu voll oder stressig für dich und dein Pferd, dann reite lieber Schritt außerhalb.

Was tun, wenn der Abreiteplatz voll ist?

Es ist nicht immer möglich, alles zu reiten, was man sich so wünschen würde auf dem Abreiteplatz. Meistens tut es ein Kompromiss: Nicht unbedingt den Mitteltrab abfragen, der in der Prüfung gezeigt werden soll, sondern nur mal ein paar Tritte verlängern. Es gibt auf Turnieren bei kleinen Prüfungen allerdings auch schon mal Sondersituationen, auf denen 20 statt fünf oder sechs Paare auf einem 20-mal-40-Meter-Platz abreiten sollen. Für manche Pferde und Reiter ist das der blanke Horror.

In solch einer Notsituation hat Britta Schöffmann ein junges Pferd auch schon mal nur im Schritt außerhalb des Abreiteplatzes aufgewärmt. Für dieses Pferd war der volle Abreiteplatz nicht zumutbar. „Er hatte Angst vor entgegenkommenden Pferden. Ich hatte die Wahl, ihn entweder total zu stressen auf dem Platz, oder eben nur Schritt außerhalb zu reiten.“ Sie entschied sich für den Schritt, übte ein bisschen Anhalten, Vorhandwendungen, eben alles, was in dieser Situation noch möglich war. Und verschaffte dem jungen Pferd so eine positive Erfahrung trotz widriger Bedingungen.

Rücksicht unter Reitern nehmen

Nerven behalten und Rücksicht aufeinander nehmen ist ganz wichtig! „Wenn ich als Reiter zum Beispiel sehe, dass ein Pferd Platzangst hat, halte ich einen weiteren Abstand beim Vorbeireiten“, erklärt Britta Schöffmann. Und ganz wichtig: „Egal wie aufgeregt, angespannt oder enttäuscht man ist – unreiterliches Verhalten dem Pferd gegenüber geht natürlich überhaupt nicht, das ist ein No-Go zu jedem Zeitpunkt!“

Was Du speziell für das Turnier zuhause üben solltest

Ein kleiner Trick: Übe mit deinem Pferd daheim, Pausen zu machen. Lass es einfach mal innerhalb einer Einheit zwischendurch 15 Minuten am hingegebenen Zügel Schritt gehen. Danach reitest Du konzentriert weiter. „Dadurch bringt man dem Pferd bei, dass es nach einer Pause weitergehen kann mit der Arbeit“, erklärt Britta Schöffmann. Denn es kann durchaus vorkommen, dass Du erst auf dem Turnier erfährst, dass es eine Pause vor irgendeiner Startnummer gibt. Kennt dein Pferd das, hast du damit kein Problem.

So wird dein Turnierstart zum Erfolg
Durch viele Teilnehmer in den Starterklassen kann es schon mal zu viel Verkehr auf dem Abreiteplatz kommen.

So überlebst du den Abreiteplatz in den Klassen E und A

Besonders in den Klassen E und A- also für Einsteiger und Anfänger- gibt es besonders viel Getummel auf dem Abreiteplatz. Denn es gibt viele Teilnehmer in diesen Starterklassen und natürlich fehlt in den niedrigeren Klassen die Routine und Erfahrung, die bei Reitern in den höheren Klassen eher gegeben ist. Das heißt, es kann schneller zu brenzligen Situationen oder auch Fehleinschätzungen kommen. Wie du das meisterst, verrät dir auch hier wieder die Profi-Ausbilderin Dr. Britta Schöffmann.

Wie früh sollte vor der Prüfung abgeritten werden?

„Gerade in E- und A- Dressuren reiten viele zu lange ab!“  sagt die Dressurausbilderin Dr. Britta Schöffmann. Der Extremfall tritt ein, wenn Kind und Pony schon zu Prüfungsbeginn auf dem Abreiteplatz sind, etliche Abteilungen jedoch vor dem Paar liegen, und „zur Prüfung das Kind fertig ist mit den Nerven und das Pony keine Lust mehr hat!“

Um das zu vermeiden, sollten Trainer und Eltern wissen, wie viel Zeit sie pro Abteilung ungefähr rechnen müssen und möglichst passgenau zum Aufwärmen auf dem Abreiteplatz ankommen. Wann das Abreiten beginnt, hängt vom Pferdetyp ab. „Habe ich ein Pferd, das nach fünf Minuten Arbeit sofort da ist, dann macht es Sinn, etwa dreißig Minuten einzuplanen, inklusive des Schrittreitens. Habe ich aber einen, der länger braucht, plane ich eher 45 Minuten ein.“  Auch wer ein Pferd dabei hat, das noch nicht viele Turniere gesehen hat, sollte viel Zeit einplanen, „so dass das Pferd Zeit hat, sich mit der neuen Situation auseinanderzusetzen“. Bleibt das Jungpferd unerwartet ruhig, weiß der Reiter, dass er nächstes Mal weniger Zeit einsetzen muss. 

Was tun, wenn sich der Start verzögert?

„Die Reiter im E- und A- Bereich können meistens noch nicht auf den Punkt abreiten“, sagt Britta Schöffmann. Die ganz genaue Zeitplanung ist daher eher nebensächlich. Dennoch soll der Reiter oder ein Helfer ein Auge auf eventuelle Zeitverschiebungen haben, also die entsprechende Tafel im Blick behalten. Denn es kommt immer wieder mal vor, dass eine Abteilung früher oder später dran ist. Wichtig ist, auch auf Wartezeiten vorbereitet zu sein: „Es gibt Pferde, die den Eindruck haben, wenn der Zügel einmal lang ist, dann ist Feierabend“, sagt Britta Schöffmann. Ist ein Pferd in so einem Muster drin, kann es je nach Typ schwierig sein, wieder in die Arbeitsphase zu finden. Deshalb macht es Sinn, daheim bewusst solche Pausenzeiten zu üben. Also die Zügel für eine Weile hinzugeben, sie wieder aufzunehmen und weiter konzentriert zu reiten. Außerdem wäre das ein Punkt, der generell oft vergessen wird, auch im Hinblick auf Motivation und Trainingserfolg: „Die meisten Reiter machen zu wenige Schrittpausen in der Arbeit mit hingegebenem Zügel!“ stellt die Dressurausbilderin fest. 

Was tun, wenn auf dem Abreiteplatz Chaos herrscht?

Hier ist abwägen gefragt: Ist der Abreiteplatz so überfüllt, dass kaum mehr daran zu denken ist, einen Zirkel zu reiten? Dann ist es vielleicht klug, nur mit ein paar Schritt-Trab-Übergängen sein Pferd zu lösen, empfiehlt Britta Schöffmann. „Wenn es nur noch ums durchfädeln und aufpassen, dass mich niemand ausbremst geht, dann bringt das gar nichts. Dann reduziere ich das Reiten von Lektionen, denn je häufiger der Reiter ausgebremst wird, desto unwilliger wird das Pferd. Also nicht versuchen, auf einem rappelvollem Abreiteplatz einfach sein Ding durchzuziehen!“ Sie selbst hat sogar mal einen Vierjährigen in einer Jungpferdepüfung nur im Schritt abgeritten, weil alles andere sinnlos erschien – manchmal braucht es solche Notlösungen. Das Pferd wurde übrigens dennoch platziert.

So reitest du am besten vor der Prüfung
Bleibe so entspannt und ruhig wie möglich, auch wenn du mal übersehen wirst.

Was tun wenn man auf dem Abreiteplatz übersehen wird?

Ärgerlich, wenn einem auf dem Abreiteplatz der Weg abgeschnitten wird und Bahnregeln nicht zu zählen scheinen. Da regt sich manch einer innerlich ganz schön auf. „Möglichst entspannt bleiben!“ rät Britta Schöffmann. „Und je voller der Abreiteplatz ist, desto aufmerksamer sein!“ Sich selbst vor Augen halten, dass der andere Reiter nicht mit Absicht stört. Es ist wichtig, dass Du so entspannt wie möglich bleibst: „Jede Spannung, die bei einem selbst aufkommt, überträgt sich auf das Pferd.“

Was können Begleiter am Abreiteplatz tun?

Ganz wichtig: Ruhe ausstrahlen! Es hilft nichts, wenn sich die Begleitpersonen über die Umstände aufregen. Wenn es voll ist, helfen Handlungsanweisungen und Gelassenheit. Erst recht, wenn die Stimmung generell schon eher aufgeladen ist, wie das durchaus vorkommen kann. Da schimpfen Reiter miteinander, da brüllen Eltern etwas über den Platz. Britta Schöffmann sagt ihren Schülern dann zum Beispiel: „Das ist hier ein ziemliches Getümmel. Lass’ dich nicht provozieren, versuche ruhig deine Runden zu reiten.“ Viel Kritik ist nicht mehr angesagt, aber konstruktive Tipps sind gut. Zum Beispiel, beim vollen Platz: „Reite jetzt heute keine Volten, das passt hier nicht, bleib’ schön ganze Bahn“. Wenn es zu voll ist kann man bei zu viel Gegenverkehr und Chaos auch nachfragen, ob auf dem Abreiteplatz nur auf einer Hand geritten werden könnte. Dieses Anliegen richtet man an den Aufsicht führenden Richter.

Begleitpersonen auf dem Turnier können eine große Stütze sein
Routine ist das A und O.

Was tun, wenn auf dem Abreiteplatz nichts klappt?

Zuhause war doch alles prima, und auf dem Turnier gelingt schon auf dem Abreiteplatz nichts? „Man kann das nicht bis ins kleinste Detail vorher simulieren und üben“, sagt Dr. Britta Schöffmann, „vieles regelt sich über Routine.“ In der Situation selbst rät sie dazu, ein oder zwei Wiederholungen zu reiten, wenn auf dem Abreiteplatz etwas nicht gelingt – „aber dann etwas anderes!“ Ansonsten käme zu viel Spannung in die Reiterei, „und dann geht’s in der Prüfung daneben.“ Die Regel lautet also: Auf dem Abreiteplatz nicht mit dem Pferd streiten!

So gewöhnst du dein Pferd an die Turnierreiterei

Damit sich das Pferd an die Situation gewöhnt, ist Gewöhnung via Desensiblisierung notwendig. „Das Pferd in verschiedenen Hallen und Anlagen zu reiten hilft enorm, die merken dann, das ist ja gar nicht so schlimm, sehen fremde Pferde und lernen: Danach geht’s wieder nach Hause“, sagt  Britta Schöffmann. Wichtig ist außerdem, nach dieser Vorbereitung auch regelmäßig Turniere zu starten. „Im Bereich der A-Dressuren ruhig mal eine zeitlang jedes Wochenende losfahren, damit es fürs Pferd normal wird“, erklärt die Ausbilderin. „Viele haben da Angst vor einer Überforderung des Pferdes, wenn sie wöchentlich starten, aber auf E- oder A-Niveau kann man davon nicht sprechen. Das hat nicht so eine hohe Intensität wie eine S- oder Grand-Prix-Prüfung, beispielsweise.“ Durch die gewonnene Routine wird es dem Pferd viel leichter fallen, sich auch beim Abreiten auf den Reiter zu konzentrieren. Nach dieser Gewöhnungsphase können dann wieder größere Abstände zwischen den Turnierstarts eingehalten werden.

Auch Profis wie Ingrid Klimke haben manchmal Schwierigkeiten auf dem Abreiteplatz. Besonders junge Pferde sind noch nicht so routiniert und lernen mit jedem Turnier dazu. Viel Erfolg!

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